„People first!“ – über den Aufbau einer gesunden, dynamischen Organisation

15.07.2021

Am wichtigsten sei für ihn „der Faktor Mensch“, sagt Sven-Oliver Pink in einem Interview der Veranstaltungsreihe „Innovation braucht mutige Gründer*innen“. Die mehrteilige Interviewserie zum 15. Jubiläum des Gründer*innenwettbewerbs WECONOMY möchte alle Interessierten fürs Gründen begeistern und Mut machen, den Schritt hin zum eigenen Unternehmen zu wagen. Pink, Gründer des Rucksack-, Taschen- und Kleidungsherstellers FOND OF GmbH und WECONOMY-Gewinner 2010, teilte spannende persönliche Einblicke und wertvolle Business-Tipps.

„Antworten auf die Fragen der Zeit“

Das Unternehmen FOND OF orientiert sich seit seiner Gründung als ergobag im Jahr 2010 an gesellschaftlichen Trends, die langfristig nicht nur das Unternehmen und ihre Kunden, sondern die gesamte Gesellschaft betreffen – an Werten wie Nachhaltigkeit. „Wir mussten als Unternehmen die Antworten auf die Fragen der Zeit finden“, erklärt Sven-Oliver Pink. „Dabei haben wir erkannt, dass sich Werte wie Nachhaltigkeit, Ergonomie und Individualisierung zu Megatrends entwickeln“. Diese Trends können für Unternehmen die Chance bedeuten, „den direkten Draht zum Kunden“ zu festigen. Und das wiederum ist die Grundvoraussetzung für das Erkennen neuer Trends. Obwohl das für Pink und seine Mitgründer schon vorher wichtig war, hat dieser „direkte Draht“ durch die Corona-Pandemie noch einmal an Bedeutung gewonnen. In Zeiten von Corona galt es ohnehin mehr denn je, den Zeitgeist neu zu deuten, um nicht geschwächt, sondern gestärkt aus dieser existenziellen Herausforderung hervorzugehen. So seien Führungs- und Organisationsmodelle einiger Unternehmen inzwischen stark in der Vergangenheit verankert, findet Pink. Sie bündelten zu viel Macht durch einzelne Menschen oder hätten zu komplexe und schwerfällige Entscheidungsstrukturen, die schnelle Reaktionen auf Veränderungen erschwerten. FOND OF selbst hat in der Zwischenzeit sieben verschiedene Marken. Gerade deshalb wirken Sven-Oliver Pink und seine Kollegen der Komplexität gezielt durch Dezentralisierung entgegen.

„Es ist wichtig, eine Kultur zu schaffen, in der jeder Eigenverantwortung übernehmen kann“

Nicht nur zum Kunden wird der direkte Draht gepflegt – auch intern heißt es für Pink und seine Mitgründer: „People first!“ Bedingt durch schnelles Wachstum und steigende Mitarbeiterzahlen musste man sich von einer familiären Kultur, in der „alle um ein Lagerfeuer gepasst“ haben, entfernen. Es war klar: „Nicht mehr jeder wird die Wärme spüren. Nicht mehr jeder wird uns jeden Tag erleben“ – das funktioniere ab einer gewissen Größe einfach nicht mehr. „Das war der Zeitpunkt, an dem uns bewusst wurde: Es ist wichtig, eine Kultur zu schaffen, in der jeder Eigenverantwortung übernehmen kann – eine Kultur, die Vertrauen ausstrahlt“, auch wenn kein regelmäßiger Kontakt zu den Gründern besteht. Wichtig seien bei der Implementierung einer solchen auf Eigenständigkeit und Vertrauen basierenden Kultur in erster Linie „die Sachen, die man nicht tut“. Man dürfe den Fokus der Mitarbeiter*innen nicht auf Negatives lenken und ihnen die Eigenverantwortung nehmen, sondern müsse ihre Autonomie fördern. Gemeinschaftlich organisierte Reisen statt vorgeplanter Betriebsausflüge. Offene Tür statt anonymer Befragungen. Dieser Kulturumschwung wurde bei FOND OF überwiegend positiv aufgenommen, erinnert sich Pink: „Aber natürlich nicht von allen!“ Insbesondere das gegenseitige voneinander Lernen sei zu Beginn für alle neu gewesen und habe nicht allen auf Anhieb gelegen. Um mit direkter Kommunikation und gegenseitigem Vertrauen verantwortlich umgehen zu können, gehöre vor allem ein gewisses Maß an Reife, das nicht alle besitzen, die noch nicht mit den „Schattenseiten“ von Optimismus, Offenheit und Zusammenhalt in Berührung gekommen sind.

„Nur dadurch können gute Ideen an der Kaffeemaschine entstehen“

Pink und seine Mitgründer haben gespürt, wie schwer es ist, eine bestehende Unternehmenskultur zu verändern. Dennoch hat FOND OF eindrucksvoll gezeigt, dass es auch nach einigen Jahren als etabliertes Unternehmen möglich ist, das eigene Betriebssystem zu ändern. Doch wie kann eine vertrauensbasierte Unternehmenskultur von Anfang an aufgebaut werden? „Wie bei einem Betriebssystem muss man sich von Beginn an überlegen, welche Unternehmenskultur man aufbauen möchte. Eine Betriebskultur fängt nicht erst nach Jahren an, sondern schon am ersten Tag der Gründung“, wissen die Gründer inzwischen. „Menschen verhalten sich so, wie die Kultur es erfahrbar macht.“ Neuen Teammitgliedern müsse daher gegenseitiges Vertrauen von Anfang an vorgelebt werden. „Nur dadurch können gute Ideen an der Kaffeemaschine entstehen und Probleme schnell dezentral gelöst werden. Ich glaube das ist die Grundlage dafür, dass wir eine gute Zukunft haben.“

Vielen Dank an Sven-Oliver Pink, der Gründer*innen und jenen, die es werden wollen, einen gleichermaßen spannenden und konstruktiven Einblick in den Aufbau eines dynamischen Unternehmens geben konnte!

Das Gespräch sowie eine inhaltlich daran anknüpfende Q&A-Session beim Wissensfabrik-Forum, bei der sich Pink Fragen der Zuschauer*innen widmete, führte Dr. Steffi Blumentritt, Leiterin des Bereichs Unternehmertum der Wissensfabrik.

Wer das Interview oder die Q&A-Session, verpasst hat, kann sich hier beide Veranstaltungsteile nachträglich anschauen.