“Nehmt teil, um eure eigenen Erfahrungen zu sammeln!”
Bereits Ende März hat Tamas Nemes (17) aus Regensburg mit seinem Jugend-forscht-Projekt „Guide Walk“ nicht nur den Landessieg in Bayern, sondern auch den Sonderpreis Unternehmertum der Wissensfabrik in seinem Bundesland gewonnen.
Hinter dem Projektnamen verbirgt sich ein von Tamas eigenhändig entwickeltes autonomes Blindenführsystem mit KI-Assistenz. Der „Guide Walk“ analysiert eigenständig die Umgebung auf Hindernisse und Gefahrenpotenziale wie Fußgänger, Autos oder Ampeln. Eine Innovation, mit der er den Alltag vieler blinder und sehbehinderter Menschen vereinfachen und vor allem sicherer gestalten möchte.
Ende Mai trat Tamas mit seinem „Guide Walk“ beim 56. Jugend forscht Bundesfinale an. Nach den virtuellen Preisverleihungen, bei denen Tamas mit dem mit 1000 Euro dotierten Sonderpreis für eine Arbeit auf dem Gebiet der Technik der Heinz und Gisela Friederichs Stiftung ausgezeichnet wurde, hat er uns von seinen Eindrücken und Erfahrungen aus inzwischen mehr als zwei Jahren Jugend forscht erzählt.
Gab es für dich einen besonderen Auslöser, der dich zur Teilnahme an den Jugend-forscht-Wettbewerben motiviert hat?
Ich war schon seit der 5. Klasse sehr interessiert an Informatik und Mathematik und habe privat immer wieder kleinere Projekte durchgeführt. Doch erst, als mir ein sehr engagierter Lehrer an meiner Schule und mein späterer Projektbetreuer, René Grünbauer, vorgeschlagen hat, an Jugend forscht teilzunehmen, hat mich das Interesse so richtig gepackt. Er hat mich durch die verschiedenen Instanzen meines Projekts begleitet, daher wollte ich meine Bestleistung abliefern und zeigen, was in mir steckt. Das erste Mal habe ich 2019 teilgenommen und bin schon im Regionalwettbewerb ausgeschieden. Als ich allerdings die besondere Atmosphäre miterlebt habe, das Zusammensein mit den tollen Teilnehmern und die fachliche Rückmeldung der Jury, hat mich sozusagen das Jugend-forscht-Fieber gepackt. Das ist der Grund, aus dem ich seither jährlich zum Wettbewerb antrete.
Du hast dich in diesem Jahr bis zum Gewinn eines Sonderpreises im Bundesfinale gearbeitet. Dabei hast du bestimmt nicht nur Erfolge, sondern auch viele Erfahrungen gesammelt. Wie hast du den Bundeswettbewerb dieses Jahr erlebt?
Die diesjährige Ausrichtung des Bundeswettbewerb im Online-Format war wirklich etwas Besonderes, da ein unglaublich großer Organisationsaufwand dahinter steckte. Dies war meine erste Teilnahme am Bundesfinale, daher habe ich die Möglichkeit, an einem Bundesfinale in Präsenz teilzunehmen, vermisst. Das kenne ich leider nur aus den Erzählungen meiner Schulkammeraden. Ich denke, dass der Online-Wettbewerb kein vollwertiger Ersatz dafür war, weiß aber auch zu schätzen, dass viele Menschen sich sehr darum bemüht haben, uns Teilnehmenden die Erfahrung so interessant und erlebnisreich wie möglich zu gestalten. Über eine eigens eingerichtete virtuelle Ausstellungsplattform konnten wir uns zwischen Workshops als Online-Konferenzen und Jurygesprächen in BigBlueButton-Räumen bewegen. Durch diese Formate gab es einige Hindernisse zu überwinden. Gleichzeitig boten sich aber auch viel mehr Möglichkeiten, sich kreativ auszuleben und wir konnten uns vielleicht sogar besser als sonst vernetzen. Auf unserem eigenen Discord-Server hatten wir außerdem viele schöne gemeinsame Momente, die ich nicht so schnell vergessen werde.
Gibt es für dich DIESEN EINEN Jugend forscht-Moment, der besonders heraussticht und dich noch lange begleiten wird? Zum Beispiel einen besonders emotionalen Moment oder einen wissenschaftlichen Durchbruch?
Highlights sind natürlich immer die Preisverleihungen, ob in Präsenz oder online. Da gab es die meisten emotionalen Momente – viel Jubel, aber auch die ein oder andere Träne. Ich glaube aber, den “einen Moment” gibt es nicht. Für mich zählt der Gesamteindruck des Wettbewerbs viel mehr als einzelne Aspekte. Was ich aber tief in der Erinnerung habe, ist etwas von der Projektarbeit des diesjährigen Wettbewerbs, als ich an der Entwicklung meines autonomen Blindenführgeräts mit KI gearbeitet habe. Als ich zum ersten Mal einen voll funktionierenden Prototyp um den Hals hatte und damit auf der Straße spazieren gegangen bin, war das ein unglaublich schönes Gefühl. In diesem Moment ist die Arbeit der letzten zwei Jahre Wirklichkeit geworden.
Hattest du auch mit größeren Rückschlägen zu kämpfen, bei denen du dein Projekt fast aufgegeben hättest?
In der Tat gab es auch ziemlich viele Rückschläge, sowas gehört zu Jugend forscht dazu. Rückblickend haben mir diese Schwierigkeiten aber sehr geholfen, mich weiterzuentwickeln und in der Durchführung von Projekten allgemein besser zu werden. So zum Beispiel 2019, als ich künstliche Intelligenz für Spiele entwickelt habe und regional einen 2. Preis erzielen konnte: Damals hat mir die Rückmeldung der Jury weitergeholfen, bestimmte Fehler in Zukunft zu vermeiden und mich motiviert, weiterzumachen. Im darauffolgenden Jahr war ich sehr enttäuscht, als ich regional einen 1. Preis erhielt, jedoch die Landesrunde wegen der Corona-Pandemie ganz ausgefallen ist. Diese Momente sind meiner Meinung nach unglaublich wertvoll, um Vorhaben nicht so schnell aufzugeben und am Ende erfolgreich zu sein.
Welche Tipps kannst du zukünftigen Teilnehmenden mit auf den Weg geben?
Ich weiß nicht, wie qualifiziert ich bin, solche Tipps zu geben, daher bitte mit Vorsicht genießen. (lacht) Ich finde, das Beste, was ihr machen könnt, ist, euch einfach zu trauen. Nehmt teil, um eure eigenen Erfahrungen zu sammeln. Ich kann es uneingeschränkt allen empfehlen, die naturwissenschaftlich interessiert sind. Ein geeignetes Projektthema ist dabei schon die halbe Miete. Wählt ein Thema, welches gesamtgesellschaftliche Relevanz besitzt und vielen Menschen weiterhilft. Ein Projekt, das allen überall auf der Welt zugutekommen kann und vielleicht sogar die Forschung selbst weiterbringt, ist ein sehr vielversprechender Ansatzpunkt. Achtet beim Ausarbeiten darauf, dass ihr an alle möglichen Auswirkungen eures Themas denkt, viele Aspekte abdeckt und eure Forschung ausführlich testet – am besten mit denen, die direkt davon betroffen sind. Es ist zudem immer ein großer Pluspunkt, wenn ihr bis zum Wettbewerb fertig werdet und keine Arbeiten habt, die noch unvollständig sind. Dabei kann ein Team sehr hilfreich sein. Ansonsten müsst ihr, denke ich, den Juroren nur zeigen, dass ihr für euer Thema brennt und von dessen Relevanz überzeugt seid.
Oder auch gar nichts von alledem, solange ihr Spaß an der Durchführung eurer Projektarbeit habt und daraus einen Mehrwert zieht.