“Ich sehe mich als Business-Trainer”

12.08.2020

Dr. Rebekka von Benten ist Chemikerin und arbeitet seit 13 Jahren bei BASF, aktuell im New Business Development als Specialist Scouting & Incubation. Sie ist zudem seit vier Jahren systemischer Coach. Als Mentorin begleitet sie Start-ups bei Speedmentorings der Wissensfabrik. Auch bei Workshops der Gründerinitiative WECONOMY war sie dabei. Für die aktuelle Ausgabe der Fachzeitschrift Ideen- und Innovationsmanagement haben wir mit ihr über ihr Engagement gesprochen.

Rebekka, was ist deine Motivation für die Arbeit mit Gründerinnen und Gründern?

In meinem Job geht es immer um Innovation. Es ist für uns wichtig, uns umzuschauen und zu sehen, welche neuen Technologien auch außerhalb des Unternehmens entwickelt werden, beispielsweise bei Kunden, in Universitäten oder eben von Start-ups. Ich bin interessiert daran, Einblick in die Szene zu erhalten, Technologien zu erkennen, die gerade trenden – und natürlich Start-ups kennenzulernen. Wir nennen das Technologie-Scouting.

Was machen Start-ups besser als etablierte Unternehmen?

Kompetenzaufbau dauert sehr lange und erfordert viel Spezialisierung. Innovation muss jedoch immer schneller geschehen. Der Druck, innovativ zu sein, wächst, weil die Märkte umkämpft sind. Unternehmen sind oftmals vom Tagesgeschäft geprägt. An Universitäten und in Start-ups wird weiter vorausgedacht. Nicht ohne Grund versuchen viele Unternehmen, start-up-ähnliche Strukturen aufzusetzen. Bei BASF ist das beispielsweise der Chemovator, eine interne Start-up-Plattform.

Und wo liegt die Herausforderung für Start-ups?

In der Zusammenarbeit von Start-ups und großen Unternehmen braucht es für beide Seiten viel Geduld. Denn während Start-ups es gewohnt sind, sehr agil zu arbeiten und Ideen schnell umzusetzen, sind die Entscheidungswege in großen Unternehmen vergleichsweise lange. Mir geht es darum, beide Seiten zusammenzubringen, also die Gründer und mein internes Netzwerk. Wenn ich nach einem Gespräch das Gefühl habe, dass BASF diesen Kontakt gebrauchen könnte, spreche ich die Kollegen an, die sich mit der entsprechenden Thematik beschäftigen.

Wie erlebst du die Speedmentorings der Wissensfabrik?

Besonders reizvoll ist es, dass in den Speedmentorings Start-ups unterschiedlicher Reifegrade zusammenkommen, oft auch in unterschiedlichen Finanzierungsrunden. Viele wissen sehr genau, was sie aus dem Gespräch mitnehmen können. Andere, die zum ersten Mal bei einem solchen Format dabei sind, versuchen, ihre Idee zu verkaufen, anstatt den Mentoren Fragen zu stellen. Doch konkrete Fragen sind wichtig, damit ich nicht über etwas rede, das die Gründer eigentlich gar nicht interessiert. Bei den Speedmentorings sind in der Regel jeweils zwei Mentoren mit unterschiedlichem Hintergrund im Gespräch mit Gründern. Deshalb gibt es eigentlich keine Frage, die nicht beantwortet werden kann. Und das Schöne ist: Es sind wirklich alle Fragen erlaubt. Ich selbst kann in die Mentorings meine Erfahrung aus der Business-Ebene einbringen und Rat aus Unternehmenssicht geben. Es macht mir Spaß, die Geschäftsidee oder das Produkt der Start-ups technisch abzuklopfen. Außerdem nutze ich gerne meine Erfahrung als Coach, um den Gründern Input zu geben.

Was heißt das?

Die Einstellung von Mentoren kann sehr unterschiedlich sein. Man kann ein Start-up natürlich völlig auseinandernehmen. Dieses „Challenging“ ist meiner Meinung nach jedoch nicht Sinn und Zweck eines Mentorings. Ich sehe mich eher als Business Trainer. Ich möchte ermutigen, bestätigen, Erfahrung weitergeben. Die Gründer sollen aufgebaut aus dem Gespräch gehen. Natürlich kann ich dabei auch Anregungen, Tipps oder Infos einfließen lassen, wenn ich der Meinung bin, auf einen bestimmten Punkt müssten sie noch einmal genauer eingehen. Beide Seiten sollten einander auf Augenhöhe begegnen und sich keinesfalls in einer Stress-Situation fühlen.

Und was bedeutet dir das persönlich?

Gründerinnen und Gründer sind meist jung und noch nicht so abgeklärt. Sie haben sehr viel Energie und sind sehr idealistisch. Mich persönlich inspiriert dabei die Mischung aus Unternehmertum und einer Naivität, die ich großartig finde. Das meine ich positiv – es ist sehr erfrischend. Es macht Spaß, ist sehr lebendig, etwas völlig anderes als die Arbeit in einem großen Unternehmen. Natürlich fragt man sich anfangs „Kann ich ihnen überhaupt helfen?“. Doch die Antwort ist immer „Ja!“. Ich kenne die Denk- und Arbeitsweise, die Geschäftszusammenhänge, unabhängig von den jeweiligen Details. Die Mentorings sind ein Geben und Nehmen auf beiden Seiten. Jeder hat ein berufliches und ein persönliches Interesse. Im besten Fall ergänzt sich das zum Nutzen aller. Dann ist es eine echte Bereicherung. Es macht wirklich Spaß, Erfahrung weiterzugeben – und überhaupt erst einmal zu erleben, dass man diese Erfahrung hat!

Vielen Dank für das Gespräch!
(Interview: Simone Tietz)

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